Nachlese zur Bürgerschaftswahl Bremen 2003

Die großen Verlierer - Kaffeesatzleser und Demoskopen

Die Alpträume der Demoskopen sind wieder einmal wahr geworden.

Die ganz großen Verlierer der Bürgerschaftswahl von Bremen am 25. Mai 2003 waren wieder einmal die vollamtlichen Kaffeesatzleser und ihre Zunftbrüder, die Demoskopen. Als Nachfahren der Auguren, der Vogelschauer und Priester im alten Rom, hatten sie ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD und CDU verkündet und der FDP, die seit 1995 als außerparlamentarische Opposition ihr Dasein fristete, die Auferstehung in der Bürgerschaft verheißen. Der brennenden Frage im Wahlkampf, ob die seit 1995 regierende große Koalition an der Macht bliebe oder von Rot-Grün Platz abgelöst würde, sind sie damit ausgewichen. Denn das hing davon ab, ob die SPD die Wahl gewinnen würde. Der regierende SPD-Bürgermeister Henning Scherf hatte nämlich erklärt, nur wenn die SPD die stärkste Partei bliebe, führe er die große Koalition weiter. Andernfalls trete er zurück und mache Platz für Rot-Grün. An dieser Frage wollten sich die Meinungsforscher die Finger nicht verbrennen. Spürten Sie doch im Urin, daß diese Gretchenfrage mit ihren Künsten nicht auszuloten war. Der SPD wurde gegenüber der letzten Wahl ein Verlust von etwa 5% prophezeit, während die CDU praktisch unverändert blieb. An der Gerüchtebörse handelten die Meinungsforscher die SPD mal bei 36% und die CDU bei 38%, und dann wieder umgekehrt: SPD 38%, CDU 36%. Die FDP wurde in der Schlußphase konstant bei 5% kotiert. Angeheitert durch die Flötentöne der Demoskopen schwärmte der Spitzenkandidat der FDP Claus Jäger "von bis zu zehn Prozent, die schon drin lägen". Der CDU-Spitzenkandidat Perschau verkündete siegesgewiß, wenn die SPD jetzt abrutsche, dann sei dies nicht wegen Henning Scherf, sondern trotz Henning Scherf. Dieser hingegen hielt sich bedeckt: "Es ist noch nichts entschieden", meinte er im ZDF.


Fortsetzung folgt.

Zahlenprostitution