Der MDR hat am 10. Januar 2003 Umfrageergebnisse zur Sonntagsfrage veröffentlicht, die - richtig gelesen - so aussehen:
CDU/CSU | SPD | Bündnis90/Grüne | FDP | PDS |
43,4 - 52,6 | 24,4 - 33,6 | 9,7 - 14,3 | 2,7 - 7,3 | 0,7 - 5,3 |
Fazit: Die Umfrageergebnisse von des MDR haben keinen Informationswert. Die Union führt zwar haushoch vor der SPD, aber Rotgrün hat möglicherweise die Nase vorn, weil FDP und PDS an der 5%-Hürde scheitern können.
Beim MDR wird der Eindruck erweckt, die präsentierten Zahlen seien exakt - von Fehlern ist keine Rede. Hingegen wird auf einer Internetseite von Infratest-Dimap eine "Fehlertoleranz" von 3,1 Prozentpunkten für die großen und 1,4 Prozentpunkten für die kleinen Parteien kleinlaut eingestanden. Die Fehlertoleranz rührt davon her, daß Infratest für die Umfrage 1000 Telefonnummern von Wahlberechtigten ausloste und dann eine Befragung durchführte. Wären andere Wahlberechtigte ausgelost und befragt worden, dann hätte das Umfrageresultat anders ausgesehen. Die Praxis des MDR, Umfrageresultate ohne eine Angabe über die Auswirkungen der Zufallsauswahl zu machen, ist deshalb hochgradig irreführend. Da laut Infratest die tatsächlichen Parteistärken für die großen (bzw. kleinen) Parteien um bis zu plus oder minus 3,1% (bzw. 1,4%) vom Umfrageergebnis abweichen können, hätte das Umfrage-Ergebnis vom MDR in der folgenden Form präsentiert werden müssen:
CDU/CSU | SPD | Bündnis90/Grüne | FDP | PDS |
44,9 - 51,1 | 25,9 - 32,1 | 10,6 - 13,4 | 3,6 - 6,4 | 1,6 - 4,4 |
Es versteht sich von selbst, daß sich bei dieser Darstellung der Resultate
niemand für die Sonntagsfrage interessieren würde, denn damit wird
die Umfrage zur Lachnummer: Die Union führt zwar haushoch vor der SPD,
aber Rotgrün hat möglicherweise die Nase vorn, weil FDP und PDS an
der 5%-Hürde scheitern können.
Die in der gelben Tabelle angegeben Fehler, die durch die Zufallsauswahl der
befragten Wahlberechtigten verursacht werden, kann man auch als Laie mit Hilfe
der Mißerfolgs-Statistik
von Umfragen verifizieren. Man gibt in der Input-Spalte (linke Seite der Tabelle)
die von Infratest-dimap angeführten Parteistärken (CDU/CSU 48, SPD
29, FDP 5, Grüne 12 und PDS 3 Prozent) ein. Im Block oben rechts gibt man
als "Anzahl der Wahlberechtigten pro Umfrage" 1000 an und setzt für
die Wahlbeteiligung die üblichen 80% ein. Für die Anzahl der Umfragen
wähle man zunächst 1000 - bei größeren Zahlen kann die
Berechnung sehr lange dauern. Mit "LOS" wird die Simulation gestartet.
In der unteren Tabellenzeile "Mißerfolgsstatistik" kann man
das Resultat der Simulation ablesen. Es zeigt sich, daß knapp 90% der
Umfragen die Toleranzen von +/- 4% für die großen und +/- 2% für
die kleinen Parteien einhalten.
Detaillierte Ergebnisse kann man der Tabelle unten auf dieser Seite entnehmen:
Es zeigt sich, daß knapp 95% der Umfragen die Toleranzen von +/- 4,6%
bzw. +/- 2,3% einhalten. Aber 5% der Umfragen schaffen nicht einmal das. Mit
anderen Worten: In jeder 20. Umfrage ist der Fehler für eine große
Partei größer als +/- 4,6% oder für eine kleine Partei größer
als +/- 2,3%!
Maximale Abweichung
|
eingehalten von | |
für große Parteien | für kleine Parteien | (in Prozent von 100000 Umfragen) |
1,0% | 0,5% | 5% |
1,2% | 0,6% | 8% |
1,4% | 0,7% | 14% |
1,6% | 0,8% | 20% |
1,8% | 0,9% | 27% |
2,0% | 1,0% | 35% |
2,2% | 1,1% | 42% |
2,4% | 1,2% | 50% |
2,6% | 1,3% | 57% |
2,8% | 1,4% | 64% |
3,0% | 1,5% | 70% |
3,2% | 1,6% | 75% |
3,4% | 1,7% | 79% |
3,6% | 1,8% | 83% |
3,8% | 1,9% | 87% |
4,0% | 2,0% | 89% |
4,2% | 2,1% | 92% |
4,4% | 2,2% | 93% |
4,6% | 2,3% | 94,7% |
4,8% | 2,4% | 95,9% |
5,0% | 2,5% | 96,8% |
5,2% | 2,6% | 97,5% |
5,4% | 2,7% | 98,0% |
5,6% | 2,8% | 98,6% |
>5,6% | >2,8% | 1,4% |