Der neueste DeutschlandTrend - richtig gelesen!

Am 25. April 2003 wurden von der ARD (im Bericht aus Berlin) die neuesten Umfrageergebnisse von Infratest-dimap zur Sonntagsfrage publik gemacht. Aus Kosten- und Zeitgründen kann nur ein winziger Bruchteil aller 60 Millionen Wahlberechtigten befragt werden. Infratest-dimap hat diesmal 1000 Wahlberechtigten befragt, deren Telefonnummern ausgelost wurden. Das Umfrageergebnis lautete

Union 46%, SPD 30%, Grüne 12%, FDP 6%, PDS 3%

Offensichtlich ist es nicht repräsentativ für alle Wahlberechtigten, denn es hängt davon ab, welche 1000 Wahlberechtigte ausgelost wurden. Verschiedene Auslosungen führen zu verschiedenen Ergebnissen. Für jede Partei gibt es deshalb nicht eine Prozentzahl, sondern ein ganzes Band von möglichen Prozentzahlen. Welche Prozentzahl die richtige ist, läßt sich nicht feststellen. Für die Beurteilung des Informationswertes einer Umfrage ist es daher unerläßlich, diese Bandbreite für jede Partei zu kennen. Dies läßt sich mit Hilfe einer Computersimulation erreichen. Das Umfrageergebnis lautet dann nicht, wie in der ARD kolportiert, sondern

CDU/CSU SPD Bündnis90/Grüne FDP PDS
41,2 - 50,8 25,2 - 34,8 9,6 - 14,4 3,6 - 8,4 0,6 -5,4

(Berechnungsgrundlage: Wahlbeteiligung 80% und die Prognose soll mit einer Wahrscheinllichkeit von 95% richtig sein. Die weit größeren Fehlerquellen - wie z.B. falsche Angaben, Antwortverweigerung, erfolglose Kontaktversuche usw. - sind dabei nicht berücksichtigt.)

Wie man sieht, hat das wahre Umfrageresultat fast keinen Informationswert: Die SPD liegt zwar weit abgeschlagen hinter der Union zurück. Aber es ist möglich, daß FDP und PDS an der 5%-Hürde scheitern und Rotgrün stärker ist als die Union.

Die ARD erweckt den Eindruck, die präsentierten Zahlen seien exakt. Von Fehlern (Lotterieschäden) ist im Bericht aus Berlin nie die Rede. Hingegen wird auf der Internetseite von Infratest-Dimap eine "Fehlertoleranz" von 3,1 Prozentpunkten für die großen und 1,4 Prozentpunkten für die kleinen Parteien eingestanden. Nach Adam Riese lautet das Umfrageergebnis nicht wie im DeutschlandTrend verkündet, sondern

CDU/CSU SPD Bündnis90/Grüne FDP PDS
42,9 - 49,1 26,9 - 33,1 10,6 - 13,4 4,6 - 7,4 1,6 - 4,4

Damit wird der Bericht aus Berlin zur Lachnummer in der ARD. Denn trotz der eklatanten Führung der Union ist es nach dem Umfrageergebnis durchaus möglich, daß Rotgrün die Nase vorn hat und daß FDP und PDS an der 5%-Grenze scheitern. Es versteht sich von selbst, daß bei dieser Darstellung der Resultate sich niemand für den DeutschlandTrend in der ARD interessieren würde. Deshalb wird das sorgfältig vermieden.

Infratest-Dimap schweigt sich auf seiner Internetseite darüber aus, mit welcher Wahrscheinlichkeit diese (viel zu kleinen) Fehlertoleranzen eingehalten werden. Der unten angeführten Tabelle kann man entnehmen, daß diese etwa 67% beträgt. Mit anderen Worten: In jeder dritten Umfrage ist der Fehler für eine große Partei größer als +/- 3,1% oder für eine kleine Partei größer als +/- 1,4%. .


Technische Information:

Die in der gelben Tabelle angegeben Fehler, die durch die Zufallsauswahl der befragten Wahlberechtigten verursacht werden, kann man auch als Laie mit Hilfe der Mißerfolgs-Statistikvon Umfragen verifizieren. Man gibt in der Input-Spalte (linke Seite der Tabelle) die vom Bonner dimap-Institut angeführten Parteistärken

CDU/CSU 46, SPD 30 FDP 6, Grüne 12 und PDS 3 Prozent

ein. Im Block oben rechts gibt man als "Anzahl der Wahlberechtigten pro Umfrage" 1000 an - soviele Wahlberechtigte wurden laut Infratest-dimap befragt - und setzt für die Wahlbeteiligung die üblichen 80% ein. Für die Anzahl der Umfragen (Auslosungen) wähle man zunächst 1000 - bei größeren Zahlen kann die Berechnung sehr lange dauern. Mit "LOS" wird die Simulation gestartet. In der untersten Tabellenzeile der "Mißerfolgsstatistik" kann man das Resultat der Simulation ablesen. Es zeigt sich, daß etwa

4% der Umfragen (Auslosungen) die Toleranzen von +/- 1% für die großen Parteien und +/- 0,5% für die kleinen einhalten

33% der Umfragen (Auslosungen) die Toleranzen von +/- 2% für die großen Parteien und +/- 1% für die kleinen einhalten

68% der Umfragen (Auslosungen) die Toleranzen von +/- 3% für die großen Parteien und +/- 1,5% für die kleinen n einhalten

88% der Umfragen (Auslosungen) die Toleranzen von +/- 4% für die großen Parteien und +/- 2% für die kleinen einhalten

Genauere Resultate kann man der untern angeführten Tabelle entnehmen. Man sieht, daß knapp 95% der Umfragen (Auslosungen) die Toleranzen von +/- 4,8% für große Parteien und +/- 2,4% für kleinen einzuhalten vermögen. Aber 5% der Umfragen (Auslosungen) schaffen nicht einmal das. Mit andern Worten, in jeder zwanzigsten Umfrage (Auslosung) übersteigt der Fehler für eine große Partei +/- 4,8% oder für eine kleine Partei +/- 2,4%!


Scherzfrage: Wie viele von 100 Umfragen schaffen es, die von Infratest-Dimap vermarkteten Parteistärken (CDU/CSU 46, SPD 30, FDP 6, Grüne 12 und PDS 3 Prozent) zu treffen?

Scherzfrage: Wie viele von 10000 Umfragen schaffen es, die von Infratest-Dimap vermarkteten Parteistärken (CDU/CSU 46, SPD 30, FDP 6, Grüne 11 und PDS 3 Prozent) zu treffen?

Maximale Abweichung
eingehalten von
für große Parteien für kleine Parteien (in Prozent von 100000 Umfragen)
1,0% 0,5% 4%
1,2% 0,6% 8%
1,4% 0,7% 13%
1,6% 0,8% 19%
1,8% 0,9% 26%
2,0% 1,0% 33%
2,2% 1,1% 40%
2,4% 1,2% 48%
2,6% 1,3% 55%
2,8% 1,4% 62%
3,1% 1,4% 66,7%
3,0% 1,5% 68%
3,2% 1,6% 73%
3,4% 1,7% 78%
3,6% 1,8% 82%
3,8% 1,9% 86%
4,0% 2,0% 88%
4,2% 2,1% 91%
4,4% 2,2% 93%
4,6% 2,3% 94%
4,8% 2,4% 95%
5,0% 2,5% 97%
5,2% 2,6% 98%
5,4% 2,7% 98,3%
5,6% 2,8% 98,7%
>5,6% >2,8% 1,3%
Grundlage der Simulation: 100000 Wiederholungen, Parteistärken laut Infratest-dimap, ebenso Stichprobenumfang (1000) und Wahlbeteiligung (80%).