Der neueste DeutschlandTrend der ARD - splitternackt.

Am 27. Juni 2003 wurden von der ARD die neuesten Umfrageergebnisse von Infratest-dimap zur Sonntagsfrage publik gemacht. Aus Kosten- und Zeitgründen kann nur ein winziger Bruchteil aller 60 Millionen Wahlberechtigten befragt werden. Infratest-dimap hat diesmal 1000 Wahlberechtigten im Zeitraum vom 24. bis 25. Juni befragt, deren Telefonnummern ausgelost wurden. Das Umfrageergebnis lautete

Union 47%, SPD 30%, Grüne 10%, FDP 6%, PDS 4%

Offensichtlich ist es nicht repräsentativ für alle Wahlberechtigten, denn es hängt davon ab, welche 1000 Wahlberechtigten ausgelost wurden. Verschiedene Auslosungen führen zu verschiedenen Ergebnissen. Für jede Partei gibt es deshalb nicht eine Prozentzahl, sondern ein ganzes Band von möglichen Prozentzahlen. Welche Prozentzahl die richtige ist, läßt sich nicht feststellen. Für die Beurteilung des Informationswertes einer Umfrage ist es daher unerläßlich, diese Bandbreite für jede Partei zu kennen. Die Bandbreiten lassen sich mit Hilfe einer Computersimulation einer großen Anzahl von Auslosungen ermitteln: Das ergibt 8% für große Parteien und 4% für kleine. Das Umfrageergebnis lautet somit nicht, wie in der ARD kolportiert, sondern

CDU/CSU SPD Bündnis90/Grüne FDP PDS
42,4 - 51,6 25,4 - 34,6 7,7 - 12,3 3,7 - 8,3 1,7 - 6,3

(Berechnungsgrundlage: Wahlbeteiligung 80% und die Prognose soll mit einer Wahrscheinllichkeit von 95% richtig sein. Die weit größeren Fehlerquellen - wie z.B. falsche Angaben, Antwortverweigerung, erfolglose Kontaktversuche usw. - sind dabei nicht berücksichtigt.)

Fazit: Diese Umfrageergebnisse der ARD haben keinen Informationswert. Die Union führt zwar haushoch vor der SPD, aber Rotgrün hat möglicherweise die Nase vorn, weil FDP und PDS an der 5%-Hürde scheitern können.

Die ARD versteht es glänzend alle Parteien wunschlos glücklich zu machen, denn ein so wachsweiches Umfrageergebnis läßt sich biegen bis zum Geht-nicht-mehr. Alle Parteien können sich nach Herzenslust daran bedienen. Ein genüßliches Beispiel:

1. Die Union schöpft bekanntlich gerne aus dem Vollen und beglückt sich mit 51,6% am "Umfrageergebnis von 42,4% bis 51,6%", was ihr die absolute Mehrheit beschert. Die restlichen 48,4% überläßt sie den "roten bis hellroten" Socken - PDS, Grüne und SPD - sowie den Sonstigen - graue Panther und FDP - zur freien Ausmarchung.

2. SPD und Grüne picken sich die Rosinen aus dem ZDF-Politbarometer-Kuchen etwas anders heraus: Sie bedienen sich mit 34,6% bzw. 12,3% und ergattern damit eine Regierungsmehrheit von 46,9%, was für die Fortsetzung ihrer Wackelkontakte gerade ausreicht. Denn FDP und PDS werden mit je 4% unter der 5%-Hürde versenkt, und die Union wird mit 42,4% unter dem Deckel gehalten.

3. Ist die FDP an der Reihe, dann verköstigt sie sich mit satten 8,3% am "Umfrageergebnis von 3,7% - 8,3%", wie das in der freien Marktwirtschaft üblich ist. Die Union hingegen wird mit 42,4% abgespiesen und damit am Gängelband gehalten. Den Rest (49,3%) überläßt die FDP den Nachfolge-Organisationen der Internationalen wie PDS, SPD und Grünen zur freien Ausmarchung. Damit hat die FDP die Forderung ihres Parteiprogramm nach mehr Eigenverantwortung restlos erfüllt.

4. Selbst die PDS kann in dieser ZDF-Politbarometer-Republik ihre kühnsten Träume in Erfüllung bringen: Sie verschafft sich mit 6,3% nicht nur den Wiedereinzug in den Bundestag, sondern versenkt als erstes die FDP mit 3,7% unter der 5%-Hürde. Dann macht sie die Union mit 42,4% impotent. SPD und Grüne werden zusammen gebunden und mit 42% in Schach gehalten (z.B. mit 32% bzw. 10%), was zu einer Pattsituation zwischen Union und Rotgrün führt. Weil die Union mit Stoiber selbst mit Viagra nicht in ein Bett zu kriegen ist, in welchem die PDS mit Gabi Zimmer buhlt, findet sich Rotgrün unvermittelt am Gängelband der PDS. Damit geht ohne PDS nichts mehr in der Republik.

Die ARD erweckt den Eindruck, die präsentierten Zahlen seien exakt. Von Fehlern (Lotterieschäden) ist in der ARD nie die Rede. Hingegen wird auf der Internetseite von Infratest-dimap eine "Fehlertoleranz" von 3,1 Prozentpunkten für die großen und 1,4 Prozentpunkten für die kleinen Parteien eingestanden. In Wirklichkeit sind sie weit größer, denn die Fehlerberechnung von Infratest-dimap ist falsch: Da wird klammheimlich vorausgesetzt, daß

Selbst wenn man nur diese eingestandenen Fehler in Rechnung stellt, dann müßte das Umfrageergebnis in der ARD wie folgt verkündet werden

CDU/CSU SPD Bündnis90/Grüne FDP PDS
43,9 - 50,1 26,9 - 33,1 8,6 - 11,4 4,6 - 7,4 2,6 - 5,4

Man kann es der ARD nachfühlen, wenn sie aus Rücksicht auf die Einschaltquote auf diesen Offenbarungseid verzichtet.

Infratest-dimap schweigt sich auf seiner Internetseite darüber aus, mit welcher Wahrscheinlichkeit diese (viel zu kleinen) Fehlertoleranzen eingehalten werden. Der unten angeführten Tabelle kann man entnehmen, daß diese etwa 64% beträgt. Mit anderen Worten: In jeder dritten Umfrage ist der Fehler für eine große Partei größer als +/- 3,1% oder für eine kleine Partei größer als +/- 1,4% .


Technische Information:

Die in der gelben Tabelle angegeben Fehler, die durch die Zufallsauswahl der befragten Wahlberechtigten verursacht werden, kann man auch als Laie mit Hilfe der Mißerfolgs-Statistik von Umfragen verifizieren. Man gibt in der Input-Spalte (linke Seite der Tabelle) die vom Bonner dimap-Institut angeführten Parteistärken

CDU/CSU 47, SPD 30, FDP 6, Grüne 10 und PDS 4 Prozent

ein. Im Block oben rechts gibt man als "Anzahl der Wahlberechtigten pro Umfrage" 1000 an - soviele Wahlberechtigte wurden laut Infratest-dimap befragt - und setzt für die Wahlbeteiligung die üblichen 80% ein. Für die Anzahl der Umfragen (Auslosungen) wähle man zunächst 1000 (oder 10 000)- bei größeren Zahlen kann die Berechnung sehr lange dauern. Mit "LOS" wird die Simulation gestartet. In der untersten Tabellenzeile der "Mißerfolgsstatistik" kann man das Resultat der Simulation ablesen. Es zeigt sich, daß etwa

4% der Umfragen (Auslosungen) die Toleranzen von +/- 1% für die großen Parteien und +/- 0,5% für die kleinen einhalten

33% der Umfragen (Auslosungen) die Toleranzen von +/- 2% für die großen Parteien und +/- 1% für die kleinen einhalten

70% der Umfragen (Auslosungen) die Toleranzen von +/- 3% für die großen Parteien und +/- 1,5% für die kleinen n einhalten

90% der Umfragen (Auslosungen) die Toleranzen von +/- 4% für die großen Parteien und +/- 2% für die kleinen einhalten

Detaillierte Resultate kann man der untern angeführten Tabelle entnehmen. Man sieht, daß knapp 95% der Umfragen (Auslosungen) die Toleranzen von +/- 4,6% für große Parteien und +/- 2,3% für kleinen einzuhalten vermögen. Aber 5% der Umfragen (Auslosungen) schaffen nicht einmal das. Mit andern Worten, in jeder zwanzigsten Umfrage (Auslosung) übersteigt der Fehler für eine große Partei +/- 4,6% oder für eine kleine Partei +/- 2,3%!


Scherzfrage: Wie viele von 100 Umfragen schaffen es, die von Infratest-Dimap vermarkteten Parteistärken (CDU/CSU 47, SPD 30, FDP 6, Grüne 10 und PDS 4 Prozent) zu treffen?

Scherzfrage: Wie viele von 10000 Umfragen schaffen es, die von Infratest-Dimap vermarkteten Parteistärken (CDU/CSU 47, SPD 30, FDP 6, Grüne 10 und PDS 4 Prozent) zu treffen?

Maximale Abweichung
eingehalten von
für große Parteien für kleine Parteien (in Prozent von 100000 Umfragen)
1,0% 0,5% 4%
1,2% 0,6% 7%
1,4% 0,7% 11%
1,6% 0,8% 17%
1,8% 0,9% 23%
2,0% 1,0% 31%
2,2% 1,1% 38%
2,4% 1,2% 46%
2,6% 1,3% 54%
2,8% 1,4% 61%
3,1% 1,4% 63,7%
3,0% 1,5% 67%
3,2% 1,6% 73%
3,4% 1,7% 78%
3,6% 1,8% 82%
3,8% 1,9% 86%
4,0% 2,0% 89%
4,2% 2,1% 91%
4,4% 2,2% 93%
4,6% 2,3% 95%
4,8% 2,4% 96%
5,0% 2,5% 97%
5,2% 2,6% 98%
5,4% 2,7% 98,4%
5,6% 2,8% 98,8%
>5,6% >2,8% 1,2%
Grundlage der Simulation: 100000 Wiederholungen, Parteistärken laut Infratest-dimap, ebenso Stichprobenumfang (1000) und Wahlbeteiligung (80%).