Das neueste ZDF-Politbarometer - richtig gelesen!

Das ZDF-Politbarometer hat am 13. September 2002 neue Umfrageergebnisse zur Sonntagsfrage veröffentlicht, die - richtig gelesen - so aussehen:

CDU/CSU SPD Bündnis90/Grüne FDP PDS
33,2 - 40,8 36,2 - 43,8 5,1 - 8,9 5,6 - 9,4 2,6 - 6,4

Man kann dies im wesentlichen mit Hilfe der Mißerfolgs-Statistik von Umfragen verifizieren. Man gibt in der Input-Spalte (linke Seite der Tabelle) die im Politbarometer angeführten Parteistärken (CDU/CSU 37, SPD 40, FDP 7,5, Grüne 7 und PDS 4,5 Prozent) ein. Im Block oben rechts gibt man als "Anzahl der Wahlberechtigten pro Umfrage" 1326 an und setzt für die Wahlbeteiligung die üblichen 80% ein. Für die Anzahl der Umfragen wähle man zunächst 1000 - bei größeren Zahlen kann die Berechnung sehr lange dauern. Mit "LOS" wird die Simulation gestartet. In der unteren Tabellenzeile "Mißerfolgsstatistik" kann man das Resultat der Simulation detailliert ablesen. Es zeigt sich, daß etwa 97% der Umfragen die Toleranzen von +/- 4% für große und +/- 2% für kleine Parteien einhalten.
Genauere Ergebnisse kann man der Tabelle unten auf dieser Seite entnehmen: Es zeigt sich, daß etwa 95% der Umfragen die Toleranzen von +/- 3,8% bzw. +/- 1,9% einhalten. Aber 5% der Umfragen schaffen nicht einmal das. Mit anderen Worten: In jeder 20. Umfrage ist der Fehler für eine große Partei größer als +/- 3,8% oder für eine kleine Partei größer als +/- 1,9%!

Im ZDF-Politbarometer wird der Eindruck erweckt, die präsentierten Zahlen seien exakt - von Fehlern ist keine Rede. Hingegen wird auf der Internetseite des Politbarometers vom 13.9.2002 am Ende kleinlaut eingestanden, daß die veröffentlichten Zahlen irreführend sind: Denn dort wird plötzlich auf eine Fehlertoleranz von 2,7 Prozentpunkten für die großen und "rund 1,4 Prozentpunkten" für die kleinen Parteien hingewiesen. Im Klartext heißt dies:

CDU/CSU SPD Bündnis90/Grüne FDP PDS
34,3 - 39,7 37,3 - 42,7 5,6 - 8,4 6,1 - 8,9 3,1 - 5,9

Es versteht sich von selbst, daß sich bei dieser Darstellung der Resultate niemand für das ZDF-Politbarometer interessieren würde. Deshalb wird das tunlichst vermieden. Das ZDF-Politbarometer schweigt sich darüber aus, mit welcher Wahrscheinlichkeit diese (zu kleinen) Fehlertoleranzen eingehalten werden. Der unten angeführten Tabelle kann man ungefähr entnehmen, daß diese nur etwa 75% beträgt. Denn etwa 75% der Umfragen schaffen es nicht, diese Toleranzen einzuhalten. Mit anderen Worten: In einer von vier Umfragen ist der Fehler für eine große Partei größer als +/- 2,7% oder für eine kleine Partei größer als +/- 1,4%!

Scherzfrage: Wie viele von 100 Umfragen schaffen es, die von der Forschungsgruppe Wahlen vermarkteten Parteistärken (CDU/CSU 37, SPD 40, FDP 7,5, Grüne 7 und PDS 4,5 Prozent) zu treffen?

Scherzfrage: Wie viele von 10000 Umfragen schaffen es, die von der Forschungsgruppe Wahlen vermarkteten Parteistärken (CDU/CSU 37, SPD 40, FDP 7,5, Grüne 7 und PDS 4,5 Prozent) zu treffen?

Maximale Abweichung
eingehalten von
für große Parteien für kleine Parteien (in Prozent von 100000 Umfragen)
1,0% 0,5% 7%
1,2% 0,6% 12,5%
1,4% 0,7% 20%
1,6% 0,8% 28%
1,8% 0,9% 37,5%
2,0% 1,0% 47%
2,2% 1,1% 56%
2,4% 1,2% 65%
2,6% 1,3% 72%
2,8% 1,4% 78,5%
3,0% 1,5% 84%
3,2% 1,6% 88%
3,4% 1,7% 91,3%
3,6% 1,8% 93,9%
3,8% 1,9% 95,7%
4,0% 2,0% 97,0%
4,2% 2,1% 98,0%
4,4% 2,2% 98,7%
4,6% 2,3% 99,1%
>4,6% >2,3% 0,9%
Grundlage der Simulation: 100000 Wiederholungen, Parteistärken laut Politbarometer vom 13.9.2002, ebenso Sichprobenumfang (1326) und Wahlbeteiligung (80%).