Die Forsa-Umfrage in Hessen - richtig gelesen!

Am 8. Januar 2003 wurden von RTL und Stern Umfrageergebnisse von Forsa zur bevorstehenden Landtagswahl in Hessen veröffentlicht, die - richtig gelesen - so aussehen:

CDU SPD Bündnis90/Grüne FDP
42,2 - 51,8 27,8 - 36,8 9,6 - 14,4 2,6 - 7,4

Fazit: Die Union führt haushoch vor der SPD, aber Rotgrün kann möglicherweise die Wahl gewinnen, weil die FDP an der 5%-Hürde scheitern könnte.

Auf der Internetseite von stern wird neuerdings im Kleingedruckten eine Fehlertoleranz von +/-3% eingeräumt. Wie bereits erwähnt rührt diese davon her, daß Forsa für die Umfrage 1120 Telefonnummern von Wahlberechtigten in Hessen ausloste. Wären andere Wahlberechtigte ausgelost worden, dann hätte das Umfrageresultat anders ausgesehen. Die Auswirkungen der Lotterie-Auswahl versuchen Forsa & stern durch die Angabe einer Fehlertoleranz in den Griff zu kriegen.

Konsequenter Weise hätte der Stern das Umfrage-Ergebnisse in der folgenden Form veröffentlichen müssen:

CDU SPD Bündnis90/Grüne FDP
44 - 50 29 - 35 9 - 15 2 - 8

Damit wäre allerdings die Schlagzeile im Stern "Union führt in Hessen" ad absurdum geführt worden, denn gemäß den eigenen Zahlen und Fehlertoleranzen könnte Rotgrün die Wahl gewinnen, wenn die FDP - ohne den Überflieger Möllemann - zur Fast-Drei-Prozent Partei absackt. Wenn also die Suppe in Hessen so heiß gegessen werden soll, wie Roland sie zur Zeit kocht, dann wäre er laut Stern&Forsa gut beraten, für die FDP eine Zweitstimmenkampagne zu starten ...


Technische Information:

Die in der gelben Tabelle angegeben Fehler, die durch die Zufallsauswahl der befragten Wahlberechtigten verursacht werden, kann man auch als Laie mit Hilfe der Mißerfolgs-Statistik von Umfragen verifizieren. Man gibt in der Input-Spalte (linke Seite der Tabelle) die von Forsa angeführten Parteistärken (CDU 47, SPD 32, FDP 5, Grüne 12 Prozent) ein. Um das Ergebnis nicht zu verfälschen, sollte man für die PDS den Wert 0 eingeben. Im Block oben rechts gibt man als "Anzahl der Wahlberechtigten pro Umfrage" 1120 an - laut Stern wurden von Forsa 1120 Wahlberechtigte in Hessen vom 27. Dezember bis 3. Januar befragt. Für die Wahlbeteiligung setzt man 66% ein - das war nämlich bei den letzten beiden Hessen-Wahlen der Fall (Der Stern schweigt sich darüber aus, wie groß die Wahlbeteiligung gemäß Umfrage diesmal sein würde). Für die Anzahl der Umfragen wähle man zunächst 1000 - bei größeren Zahlen kann die Berechnung sehr lange dauern. Mit "LOS" wird die Simulation gestartet. In der unteren Tabellenzeile "Mißerfolgsstatistik" kann man das Resultat der Simulation ablesen. Es zeigt sich, daß etwa 87% der Umfragen die Toleranzen von +/- 4% für die großen und +/- 2% für die kleinen Parteien einhalten.
Detaillierte Ergebnisse kann man der Tabelle unten auf dieser Seite entnehmen: Es zeigt sich, daß knapp 95% der Umfragen die Toleranzen von +/- 4,8% bzw. +/- 2,4% einhalten. Aber 5% der Umfragen schaffen nicht einmal das. Mit anderen Worten: In jeder 20. Umfrage ist der Fehler für eine große Partei größer als +/- 4,8% oder für eine kleine Partei größer als +/- 2,4%!

Scherzfrage: Wie viele von 100 Umfragen schaffen es, die von Forsa vermarkteten Parteistärken (CDU 47, SPD 32, FDP 5, Grüne 12 Prozent) zu treffen?

Scherzfrage: Wie viele von 10000 Umfragen schaffen es, die von Forsa vermarkteten Parteistärken (CDU 47, SPD 32, FDP 5, Grüne 12 Prozent) zu treffen?

Maximale Abweichung
eingehalten von
für große Parteien für kleine Parteien (in Prozent von 100000 Umfragen)
1,0% 0,5% 6%
1,2% 0,6% 10%
1,4% 0,7% 15%
1,6% 0,8% 20%
1,8% 0,9% 27%
2,0% 1,0% 34%
2,2% 1,1% 41%
2,4% 1,2% 48%
2,6% 1,3% 55%
2,8% 1,4% 61%
3,0% 1,5% 67%
3,2% 1,6% 72%
3,4% 1,7% 77%
3,6% 1,8% 80%
3,8% 1,9% 84%
4,0% 2,0% 87%
4,2% 2,1% 89%
4,4% 2,2% 91%
4,6% 2,3% 93%
4,8% 2,4% 94,7%
5,0% 2,5% 95,8%
5,2% 2,6% 96,7%
5,4% 2,7% 97,5%
5,6% 2,8% 98,0%
5,8% 2,9% 98,5%
6,0% 3,0% 99%
>6% >3% 1%
Grundlage der Simulation: 100000 Wiederholungen, Parteistärken laut Forsa, ebenso Stichprobenumfang (1120) und Wahlbeteiligung (66%).