Am 15. Januar 2003 wurden von RTL und Stern Umfrageergebnisse von Forsa zur bevorstehenden Landtagswahl in Hessen veröffentlicht, die - richtig gelesen - so aussehen:
CDU | SPD | Bündnis90/Grüne | FDP |
43,2 - 52,8 | 28,8 - 37,8 | 7,6 - 12,4 | 2,6 - 7,4 |
Fazit: Die Union führt haushoch vor der SPD, aber Rotgrün kann möglicherweise die Wahl gewinnen, weil die FDP an der 5%-Hürde scheitern könnte.
Auf der Internetseite von stern
wird neuerdings im Kleingedruckten eine Fehlertoleranz von +/-3% eingeräumt.
Wie bereits erwähnt rührt diese davon her, daß Forsa für
die Umfrage 1003 Telefonnummern von Wahlberechtigten in Hessen ausloste. Wären
andere Wahlberechtigte ausgelost worden, dann hätte das Umfrageresultat
anders ausgesehen. Die Auswirkungen der Lotterie-Auswahl versuchen Forsa &
stern durch die Angabe einer Fehlertoleranz in den Griff zu kriegen.
Konsequenter Weise hätte der Stern das Umfrage-Ergebnisse in der folgenden
Form veröffentlichen müssen:
CDU | SPD | Bündnis90/Grüne | FDP |
45 - 51 | 30 - 36 | 7 - 13 | 2 - 8 |
Damit wäre allerdings die Schlagzeile im Stern "CDU in Hessen auf Siegeskurs" ad absurdum geführt worden, denn gemäß den eigenen Zahlen und Fehlertoleranzen könnte Rotgrün die Wahl gewinnen, wenn die FDP - ohne den Überflieger Möllemann - zur Fast-Drei-Prozent Partei absackt. Wenn also die Suppe in Hessen so heiß gegessen werden soll, wie Roland sie zur Zeit kocht, dann wäre er laut Stern&Forsa gut beraten, für die FDP eine Zweitstimmenkampagne zu starten ...
Die in der gelben Tabelle angegeben Fehler, die durch die Zufallsauswahl der
befragten Wahlberechtigten verursacht werden, kann man auch als Laie mit Hilfe
der Mißerfolgs-Statistik von
Umfragen verifizieren. Man gibt in der Input-Spalte (linke Seite der Tabelle)
die von Forsa angeführten Parteistärken (CDU 48, SPD 33, FDP 5, Grüne
10 Prozent) ein. Um das Ergebnis nicht zu verfälschen, sollte man für
die PDS den Wert 0 eingeben. Im Block oben rechts gibt man als "Anzahl
der Wahlberechtigten pro Umfrage" 1003 an - laut Stern wurden von Forsa
1003 Wahlberechtigte in Hessen vom 6. bis 10. Januar befragt. Für die Wahlbeteiligung
setzt man 66% ein - das war nämlich bei den letzten beiden Hessen-Wahlen
der Fall (Der Stern schweigt sich darüber aus, wie groß die Wahlbeteiligung
gemäß Umfrage diesmal sein würde). Für die Anzahl der Umfragen
wähle man zunächst 1000 - bei größeren Zahlen kann die
Berechnung sehr lange dauern. Mit "LOS" wird die Simulation gestartet.
In der unteren Tabellenzeile "Mißerfolgsstatistik" kann man
das Resultat der Simulation ablesen. Es zeigt sich, daß etwa 87% der Umfragen
die Toleranzen von +/- 4% für die großen und +/- 2% für die
kleinen Parteien einhalten.
Detaillierte Ergebnisse kann man der Tabelle unten auf dieser Seite entnehmen:
Es zeigt sich, daß knapp 95% der Umfragen die Toleranzen von +/- 4,8%
bzw. +/- 2,4% einhalten. Aber 5% der Umfragen schaffen nicht einmal das. Mit
anderen Worten: In jeder 20. Umfrage ist der Fehler für eine große
Partei größer als +/- 4,8% oder für eine kleine Partei größer
als +/- 2,4%!
Maximale Abweichung
|
eingehalten von | |
für große Parteien | für kleine Parteien | (in Prozent von 100000 Umfragen) |
1,0% | 0,5% | 6% |
1,2% | 0,6% | 10% |
1,4% | 0,7% | 15% |
1,6% | 0,8% | 20% |
1,8% | 0,9% | 27% |
2,0% | 1,0% | 34% |
2,2% | 1,1% | 41% |
2,4% | 1,2% | 48% |
2,6% | 1,3% | 55% |
2,8% | 1,4% | 61% |
3,0% | 1,5% | 67% |
3,2% | 1,6% | 72% |
3,4% | 1,7% | 77% |
3,6% | 1,8% | 80% |
3,8% | 1,9% | 84% |
4,0% | 2,0% | 87% |
4,2% | 2,1% | 89% |
4,4% | 2,2% | 91% |
4,6% | 2,3% | 93% |
4,8% | 2,4% | 94,7% |
5,0% | 2,5% | 95,8% |
5,2% | 2,6% | 96,7% |
5,4% | 2,7% | 97,5% |
5,6% | 2,8% | 98,0% |
5,8% | 2,9% | 98,5% |
6,0% | 3,0% | 99% |
>6% | >3% | 1% |