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Alle möchten wissen, wie die Wahl ausgehen wird. Wird die große Koalition
weitergeführt, wie CDU und SPD (jedenfalls Henning Scherf) es möchten?
CDU und SPD kamen 1999 zusammen auf satte 80% und daran wird nicht viel ändern.
Selbst fünf oder zehn Prozent weniger spielen da keine Rolle, und so "genau"
sind Meinungsumfragen schon. Spannend wird die Sache erst, weil ein Teil der
SPD lieber mit den Grünen zusammengehen möchte - wie schon 1999 und
1995 - aber Henning Scherf seine ganzes Gewicht in die Waagschale für die
große Koalition warf und wirft. Da er den Rest der SPD um Kopfgröße
überragt, hat er die Aufmüpfer bisher in Schach gehalten. Doch die
SPD könnte diesmal wegen dem politischen Gegenwind aus Berlin Stimmen verlieren
und die Wahlbeteiligung, die 1999 bei miesen 60% lag, könnte noch weiter
in den Keller gehen. Das könnte die CDU nach oben spülen. So jedenfalls
spekulieren die Auguren. In dieser Situation hat der populäre Henning
Scherf den Bremern de facto ein Ultimatum mit folgendem Inhalt gestellt: "Wenn
ihr mich weiter haben wollt, dann müßt ihr die SPD zur stärksten
Partei machen - sonst trete ich ab und mache Platz für Rot-Grün!"
Bei dieser Ausgangslage werden Meinungsforscher auf der Zielgeraden Prognosen
abgerungen. Doch sie halten sich bedeckt und reden sie von einem Kopf-an-Kopf-Rennen.
In Wirklichkeit sind sie genau so unwissend wie jedermann. Warum?
Umfrageergebnisse zur Sonntagsfrage werden als "nackte" Prozentzahlen
veröffentlicht, gelegentlich sogar mit Nachkommastelle. Die Ungenauigkeit
dieser Zahlen wird kaschiert. Den Hintergrundberichten der Meinungsforschungsinstitute
kann man jedoch entnehmen, daß die gelieferten Prozentzahlen die Parteistärken
nur sehr ungenau wiederzugeben vermögen und daß mit erheblichen Fehlern
zu rechnen ist. Aus Kosten- und Zeitgründen wird nur ein winziger Bruchteil
aller Wahlberechtigten befragt. Deren Telefonnummern werden ausgelost.
Meist werden etwa 1000 Wahlberechtigte telefonisch interviewt - also einer von
500. Da jede Auslosung zu anderen Ergebnissen führt, gibt es für jede
Partei nicht nur eine, sondern ein ganzes Band von möglichen
Prozentzahlen. Welche Zahl die richtige ist, läßt sich nicht
feststellen. Bei einer Wahlbeteiligung von 60% (wie 1999) beträgt die
auslosungsbedingte Bandbreite für große Parteien über 10%, für
kleine über 5%. Hat man z.B. in einer Umfrage für die CDU 35%
ermittelt und für die SPD 40%, die Grünen 12,5 %, die FDP 4,5% und
die DVU 3,5%, dann lautet das wahre Umfrageergebnis
Union 30-40%, SPD 35-45%, Grüne 10-15%, FDP 2-7%, DVU 1-6%.
Das gesteht natürlich kein Meinungsforscher ein und niemand würde
das veröffentlichen. Aber die Vermarktung von Umfrageresultaten ohne
Angabe der Fehlerbandbreite ist so irreführend wie die Reklame einer Landeslotterie,
durch den Kauf von Losen werde man Millionär. Man kann mit Umfragen
die gestellten Fragen eben nicht beantworten. Meinungsumfragen sind dafür
ein viel zu grobschlächtiges Instrumentarium. Mit einer Elle kann man keine
Millimeterbruchteile messen. Wissenschaftlich vetretbare Umfrageergenisse für
Bremen haben einen ähnlichen Informationsgehalt wie die Prognose "Alt-Bundeskanzler
Kohl wiegt zwischen 100 und 200 kg".(W.
Blum in 'Die Zeit': Hellsehen wäre billiger!). Als Lachnummer wunderbar,
aber als Umfrageergebnis ungenießbar.
Klicken Sie auf das Umfragedatum, um zu erfahren, wie wenig die neuesten
Umfrageergebnisse in Wirklichkeit aussagen.
Datum | CDU | SPD | Grüne | FDP | Sonstige | Institut | Anzahl der Befragten |
25.05.03 |
29,9
|
42,3
|
12,8
|
4,2
|
9,3
|
Wahlergebnis | 481728 Wahlberechtigte |
16.05.03 |
36
|
38
|
12
|
5
|
9
|
Infratest dimap | 1000 |
9.05.03 |
36
|
38
|
14
|
5
|
7
|
Forschungsgruppe Wahlen | 1003 |
6.05.03 |
38
|
37
|
14
|
4
|
7
|
Forsa | 1194 |
3.05.03 |
34
|
42,5
|
13
|
4,5
|
6
|
Infratest dimap | 1000 |
16.04.03 |
35
|
42
|
13
|
4
|
6
|
Infratest dimap | 1000 |
6.06.1999 |
37,1 |
42,6 |
9,0 |
2,5 |
8,8
|
Wahlergebnis | 488875 Wahlberechtigte |